Kritik des Sächsischen Flüchtlingsrates und der Opferberatung des RAA Sachsen e.V.

Am 16.05.2008 wurden drei 8, 13 und 14jährige nigerianische Schwestern massiv verängstigt, als sie unter Anwendung physischer Gewalt von mindestens 5 Polizeibeamten zurück in das Asylbewerberheim in Posseck (Vogtlandkreis) transportiert wurden. Straftätern gleich, wurden ihre Hände mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt. Weil sie die Isolation in dem nahezu leeren, sehr abgeschiedenen Asylbewerberheim psychisch enorm belastete, hatten sie zuvor das Kinder- und Jugendwohnheim der AWO in Treuen selbst aufgesucht.

Eine Frau, die Augenzeugin bei der Ankunft der Kinder im Asylbewerberheim werden musste, berichtete von einem furchtbaren Ereignis, dass sie in dieser Form noch nicht erlebt hat. Nach dem Rücktransport war der Schock und die Angst den Mädchen deutlich anzusehen. Die jüngste und die älteste Schwester standen zitternd und weinend mit dem Rücken zur Wand des Asylbewerberheims. Ihre 13jährige Schwester wurde mittels eines harten Polizeigriffes und einem Griff an ihrem Hals durch das Gebäude gezogen. Das Kind schrie und weinte. Die Tante der Kinder war von der Maßnahme nicht in Kenntnis gesetzt. Entsetzt über die Behandlung der Mädchen wollte sie dazwischen gehen. Dabei wurde die offensichtlich schwangere Frau durch einen Polizeibeamten zurückgestoßen.

Wir protestieren gegen das gewaltvolle polizeiliche und behördliche Vorgehen gegen die drei Mädchen und ihre Tante.

Unabhängig davon, inwieweit das Aufenthaltsbestimmungsrecht im vorliegenden Fall beim Jugendamt liegt, muss dieses sowie der zuständige Träger der Kinder- und Jugendhilfe im Sinne des Kindeswohles handeln. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum die Tante der Kinder nicht über das Ende einer getroffenen Hilfemaßnahme informiert und stattdessen eine polizeiliche Rückführung angeordnet wurde. Eine entsprechende Anfrage des Vereins für interkulturelle Verständigung Vogtland an die zuständige Ausländerbehörde blieb bisher unbeantwortet. Auch das harte Vorgehen der Polizei ist aus unserer Sicht nicht tragbar. Dass es an Stelle von deeskalierenden Maßnahmen zu einer Fesselung von Kindern mit Handschellen kam, ist unverantwortlich. Es ist zu klären, inwieweit hier das „mildeste polizeiliche Mittel“ angewandt wurde.

Deshalb fordern wir die beteiligten Behörden und Institutionen auf, zu den Geschehnissen Stellung zu beziehen und dieses lückenlos aufzuklären.

Dieser Protest wird weiterhin unterstützt durch:

  • Birgit Broszeit, AG In- und Ausländer Chemnitz e.V.
  • Doris Winkler, Länderkoordinatorin des Bundesfachverbandes Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge
  • Eine Welt – Verein für interkulturelle Verständigung e.V. Vogtland
  • Kampagne gegen Ausgrenzung von Asylsuchenden
  • Internationale Gärten Dresden
  • AG Asylsuchende des Landkreises Sächsische Schweiz